Nachruf
Kreisvertreter Bernd Hinz


†10.08.2021

In tiefer Trauer haben wir Abschied genommen von unserem Kreisvertreter Bernd Hinz, der am 10. August in Bad Ischl verstarb.

Bernd Hinz wurde 1947 in Köln geboren. Der Sohn eines Mühlhauseners und einer Rheinländerin hat sich mit der Erlangung des Abiturs als junger Mann dem Erbe Ostpreußens, dem ideellen Erbe seines Elternhauses ganz und gar verschrieben. Zunächst in der  Gemeinschaft Junges Ostpreußen (GJO), deren stellvertretender Bundesvorsitzender er als Jurastudent war.

Der Volljurist, der zuletzt beruflich als Leitender Stadtrechtsdirektor und Leiter der Antikorruptionsstelle der Stadt Mönchengladbach tätig war, gehörte bereits seit 1969 dem Kreistag der Kreisgemeinschaft Preußisch Holland an, wurde zwei Jahre darauf stellvertretender Kreisvertreter und amtierte seit 1980 bis zu seinem Tode über 41 Jahre überaus erfolgreich als Heimatkreisvertreter.

In der Landsmannschaft Ostpreußen gehörte Bernd Hinz seit 1970 der Ostpreußischen Landesvertretung an, dem höchsten Beschlussorgan des Dachverbands, wahrgenommen hat er das Mandat in den vergangenen Jahren nicht mehr. Als stellvertretender Sprecher der Landsmannschaft trat er 2005 zurück, weil er den gegenüber der Republik Polen konfrontativ verlaufenen Kurs nicht mehr mittragen konnte.

Hinz gehörte im Bund der Vertriebenen ab 1985 der Bundesversammlung und später auch für einige Jahre dem Bundespräsidium an, wo er für die deutsch-polnischen Beziehungen zuständig war. Auch im BdV fand er für seine Arbeit im partnerschaftlichen Miteinander zwischen Heimatvertriebenen und Polen keine angemessene Unterstützung.

Vor diesem Hintergrund erklärte Bernd Hinz gemeinsam mit dem Allensteiner Landrat Adam Sierzputowski und Bernhard Knapstein im Oktober 2005 auf dem Kommunalpolitischen Kongress zu Dresden in Anwesenheit der Bundesminister Dr. Thomas de Maiziere und Dr. Wolfgang Schäuble die Arbeitsaufnahme der von uns gegründeten deutsch-polnischen Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitische Partnerschaft (AKP).

Seit Bernd Hinz im Jahr 2000 den deutsch-polnischen kommunalpolitischen Kongress ins Leben gerufen hat, haben Minister, Ministerpräsidenten, mehrere Botschafter, diverse Diplomaten, national und regional bedeutende Politiker aus beiden Ländern an der Kongressreihe teilgenommen. Die Kongressreihe fand den Respekt über alle Partei- und Landesgrenzen hinweg, denn sie führt Entscheidungsträger zusammen, vor allem auch gerade dann, wenn die deutsch-polnischen Beziehungen auf offizieller Ebene als belastet gelten. Bernd Hinz hat damit ein Forum geschaffen, auf dem sich deutsche und polnische Partner offen sagen können, was sie übereinander denken, was sie vom Gegenüber erwarten und wie sie sich Partnerschaft vorstellen.  Innere und äußere Wahrhaftigkeit sowie ein gepflegtes, freundschaftliches Miteinander sind die Basis des gelungenen Dialogs.

Das Beeindruckende an Bernd Hinz war seine unglaubliche Zielstrebigkeit – und wenn es sein musste auch Jahre anhaltende Hartnäckigkeit – bei der Umsetzung von Projekten. In der Stadt Itzehoe und im Kreis Steinburg dürften sich viele in Politik und Verwaltung so an ihn erinnern.

Ob es um landsmannschaftliche Belange ging, um Preußisch Holland oder um die deutsch-polnischen Beziehungen: Bernd Hinz dachte in Projekten und Meilensteinen. Wenn es ernst wurde, stand er dicht vor einem, sah einen mit fixierenden Augen an – eine Steigerung dazu war der Griff an den Oberarm - und dann sprach er wohl gewählte Worte, die einen dazu zwangen, über gemeinsam vertretene Prinzipien nachzudenken. Er war in seinem Charisma und seiner Überzeugungskraft einzigartig.

Bernd Hinz hat seine Selbstverpflichtung für Ostpreußen, für Preußisch Holland und für ein konstruktiv-positiv besetztes Preußenideal nie vernachlässigt. Der Herrgott wollte es so, dass er mit seiner lieben Frau Monika auch eine Partnerin zur Seite bekam, die seine Leidenschaft für Ostpreußen und für das reichhaltige Kulturerbe Preußisch Hollands teilte.

Mit der Kreisgemeinschaft Preußisch Holland und der AKP zog Bernd Hinz an dem Dachverband heimatpolitisch vorbei, wenn man es am Wirkungsgrad der Vertriebenen in der ostpreußischen Heimat bemisst. Stein gewordene Zeugen sind zwei Stadttore und ein Stück Stadtmauer in Preußisch Holland, mehrere Denkmäler sowie die Lazarus-Sozialstation in Elbing. Dazu gehören aber auch zwei Partnerschaftsverträge mit der Stadt Pr. Holland/Paslek und dem Landkreis Elbing auf Augenhöhe. Damit hat die Kreisgemeinschaft ihr Wirken und ihre Akzeptanz als ideelle kommunale Gebietskörperschaft urkundlich fixiert.

Und: Ist die Intensität der deutsch-polnischen Partnerschaft zwischen der Stadt Preußisch Holland und der Kreisgemeinschaft, zwischen ihr und dem Landkreis Elbing, zwischen den polnischen Kommunen und dem Kreis Steinburg und der Stadt Itzehoe ohne das diplomatische Wirken und wiederkehrende Zusammenführen durch Bernd Hinz so denkbar?

Der Fall der Mauer und der EU-Beitritt Polens hatten die letzten Hindernisse beseitigt, um das historische Erbe Ostpreußens gemeinsam mit jenen zu bewahren und zu pflegen, die heute in Ostpreußen leben und dies als sinnstiftend betrachten. Bernd Hinz hat genau das als große Chance gesehen, nicht etwa um Forderungen zu stellen, sondern um den Menschen in der Heimat den ideellen Wert des kulturhistorischen Erbes zu vermitteln. Für ihn war klar: Polen, die das deutsche Erbe annehmen, pflegen es auch und sind offen für weiterführende Vorschläge.

Bernd Hinz hat gemeinsam mit seiner Frau Monika in der Kreisgemeinschaft Preußisch Holland ein vertriebenenweit herausragendes publizistisches Oeuvre zu einem historisch ostdeutschen Landkreis hinterlassen. Bis jetzt werden 37 Jahre Heimatbrief mit rund 6000 Seiten zu Geschichte und Gegenwart des historischen Kreises Pr. Holland, ergänzt von etlichen Monografien zu den Gemeinden, Städten und Kirchspielen dieser Region. Er hat mit dem Haus der Heimat hier in Itzehoe zudem ein Museum und eine Begegnungsstätte geschaffen - ein Haus, das für Deutsche und Polen, für die Stadt Itzehoe und den Kreis Steinburg und die grenzüberschreitende Partnerschaftsarbeit ein großes Potenzial bietet.

Ehrenbürger von Preußisch Holland, Verdienstorden des Landkreises Elbing, Bundesverdienstkreuz 1. und 2. Klasse, der bronzene Ehrenwolf des Kreises Johannisburg/Pisz – das sind nur die wichtigsten Auszeichnungen, die auch die äußere Honorierung seines Schaffens in Polen und Deutschland beschreiben.

Es wird bundesweit nicht möglich sein, ein vertriebenenpolitisches Patenkind zu finden, das mehr als 75 Jahre nach Flucht und Vertreibung sein Leistungsprofil in und auch für die Paten-Gebietskörperschaft nicht nur beibehält, sondern sogar immer noch gesteigert hat. Dass der Kreis Steinburg dieses unübersehbare Leistungsprofil durch erneuerte Hinweisschilder an den Kreisgrenzen, die auf die Patenschaft aufmerksam machen, zu würdigen versteht, ist ein gutes Signal.

Mit dem Abschied von unserem Kreisvertreter Bernd Hinz endet ein einzigartiges Lebenswerk und Verdienst um Preußisch Holland, um Ostpreußen und die deutsch-polnischen Beziehungen.

Mögen wir Zurückgebliebenen einen Weg finden, dieses Gesamtwerk und einzigartige Wissen der Nachwelt zu erhalten und dadurch künftige Generationen in Preußisch Holland, im Landkreis Elbing sowie in den Partner- und Paten-Gebietskörperschaften Kreis Steinburg und Stadt Itzehoe zu inspirieren, Heimat- und Geschichtsbewusstsein weiter zu entwickeln, sich für Heimat einzusetzen und beständig in der deutsch-polnischen Freundschaft nach den Gemeinsamkeiten zu suchen, diese immer wieder neu im europäischen Geiste zu pflegen und so den Frieden zu bewahren.
Bernhard Knapstein